Vorkommen und Verbreitung der Pommerschen Hütehunde
Die Region Pommern (Nordosten Deutschland, Nordwesten Polen sowie Inseln an der Ostseeküste) gilt als Herkunft der Pommerschen Hütehunde (auch bodenständige Hütehunde genannt), die sich in folgende Varietäten aufteilten:
- Pommerscher Schafpudel
- Pommerscher Hütehund
- Pommerscher Hütespitz
- kleiner Pommerscher Hütehund
Die Rassen wurden bis in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts gezüchtet und gelten heute in dieser Form als ausgestorben. Sie dürften jedoch in anderen Rassen weiterleben. In der Enzyklopädie der Rassehunde von 1980 schreibt Hans Räber über den Pommerschen Hütespitz folgendes:
In der Literatur wird meistens ein weiß gefärbter Schäferhund aus Pommern erwähnt. Tatsache ist jedenfalls, dass um das Jahr 1700 diese weißen Hütespitze in Pommern wohl recht häufig waren und man deshalb annahm, die weißen Spitze seien ursprünglich von da hergekommen. So hießen sie denn auch in Süddeutschland allgemein „Pommer“ oder „Pommerle“, dies im Gegensatz zu den schwarzen „Mannheimer“, oder „Spitzer“, wie ihn die Schwaben nannten.1
Beschreibung des Hütespitzes der Fachschaft für bodenständige Hütehunde (1939):
„Er ist mittelgroß, stehohrig, wirkt gedrungen und hat gut mittellanges Stockhaar. Wie sein Name sagt, hat er ein kleines, straffes, abgerundetes Stehohr, dessen Ränder und Inneres gut behaart sind. Sein mittellanges Stockhaar hat gute Unterwolle, die sich aber nach der Jahreszeit richtet. Die starke Entwicklung der Grannenhaare am Hals und an den Backen bedingt den Schnurrbart die Mähnenbildung. Seidiges oder weiches Haar findet man bei arbeitenden Spitzen nicht. Die Rute ist kurz, hart und buschig behaart, hat keine Fahne und wird meist nicht gerollt über dem Rücken getragen. Im übrigen muß sich die Fachschaft vorbehalten,[…] später den einen oder anderen örtlich begrenzten Schlag anzuerkennen.“ 2
Der Verein für bodenständige Hütehunde
Im Jahre 1927 gründete der Tierarzt W. Wieland zusammen mit Gleichgesinnten den „Verein für bodenständige Hütehunde“, der sich dem Erhalt der damals in Pommern vorkommenden Schafhundeschläge verschrieb. Nach damaligem Verständnis wollte man aus diesen Schlägen eine oder mehrere Hunderassen entwickeln, jedoch die Bedürfnisse der Landbevölkerung in den Vordergrund stellen; die Mehrzahl der Vereinsmitglieder waren denn auch Schäfer und Viehpfleger.
Wieland hatte ursprünglich drei Typen klassifiziert:
einen weißen zotthaariger Pommerschen (Typ I)
bei dem es sich um die lokale Varietät des Schafpudels handelte
einen weißen schlichthaarigen Pommerschen (Typ II)
der dem ungarischen Kuvasz gleiche
einen sehr kleinen, um 30 cm großen, meist blonden Hund (Typ III)
dem er Ähnlichkeit zum Puli und zum Skye Terrier zuschrieb.
Dabei sollte Typ I den Namen „Deutscher zotthaariger Hirtenhund“, Typ II den Namen „Langhaariger Deutscher Hirtenhund“ und Typ III den Namen „Deutscher oder Pommerscher Hütehund“ erhalten.
Den Terminus „Hirtenhund“ wollte er einführen, zum einen, weil ihm die Analogie zu den Ungarischen Hirtenhunden passend erschien; und zum anderen, weil „Schäferhund“ zwar richtig sei, aber er in Anbetracht der Entwicklung des modernen Stockhaarigen, also des Deutschen Schäferhundes, einen unterscheidungskräftigeren Namen suchte. Der Terminus „Hütehund“ erschien ihm nur für den kleinen Typ III angemessen.
In der Folgezeit geriet ein weiterer Hundetyp in den Fokus des Vereins für bodenständige Hütehunde, nämlich ein weißer spitzartiger mit Hütehundqualitäten. Dieser Hütespitz oder Schäferspitz wird 1933 neben dem Schafpudel und dem Typ II als einer der drei Schläge der bodenständigen Hütehunde angeführt. Dem ursprünglich als Typ III klassifizierten Hund scheint im Nachhinein ein geringeres Interesse zuteilgeworden zu sein. Die Bezeichnung Pommerscher Hütehund wurde in späteren Veröffentlichungen für den schlichthaarigen, weißen Typ II verwandt; darüber hinaus wurde sie zum Oberbegriff für alle Schläge.
Verwendung und Einsatz der Pommerschen Hütehunde
Die Notwendigkeit, einen Hund zum Hüten heranzuziehen, das heißt vor allem zum „Wehren vor der Frucht“, ergab sich durch die Ausdehnung der intensiv genutzten landwirtschaftlichen Anbauflächen und die zunehmende Besiedlungsdichte. So entstand der kleinere, beweglichere Hütehund.
Diese Entwicklung vom Hirten- zum Hütehund ging allmählich vor sich und hauptsächlich in solchen Gegenden, wo der Boden am intensivsten genutzt wurde wie in den Weizen- und Rübengebieten Mittel- und Norddeutschlands, während sich in Süddeutschland noch bis heute die alten Formen erhalten haben. Man kann allerdings zwischen den genannten Herden-/Gebrauchshundformen nicht klar trennen, weil zahlreiche übergangsformen existieren, die durch Kreuzungen entstanden sind und die die bodenständigen, örtlichen Schläge darstellen.
In Deutschland werden als Hütehunde der Altdeutsche Schäferhund (Alt-Württemberger-Schäferhund, Alt-Thüringer-Schäferhund), der Schafpudel, der Pommersche Hütehund, der Hütespitz und der Deutsche Schäferhund eingesetzt.
In Baden-Württemberg sind von diesen Formen der Alt-Württemberger-Schäferhund, der Deutsche Schäferhund sowie zahlreiche Misch- und übergangsformen anzutreffen.
In der vorliegenden Arbeit wurden 50 Betriebe, die standortgebundene oder Wanderschafhaltung betreiben, hinsichtlich der Ausbildung und des Einsatzes von Hütehunden in der Schafhaltung untersucht.
Grundlage der Untersuchung war ein Fragenkatalog, der den Schäfern bei einem Besuch vorgelegt und gemeinsam mit ihnen ausgefüllt wurde. In diesen Betrieben wurden insgesamt 178 Hütehunde gehalten, davon waren 28 Deutsche Schäferhunde, 30 Altdeutsche, d.h. Alt-Württemberger, und 120 Kreuzungen. Auffällig ist bei den sogenannten Leistungshüten, die von den Schafzuchtverbänden veranstaltet werden, die große Anzahl von Deutschen Schäferhunden, die im Verhältnis zum Einsatz dieser Rasse in der Praxis überrepräsentiert sind. Ein Grund dafür könnte die Mitgliedschaft im Deutschen Schäferhundeverein sein; die Hunde sind züchterisch erfaßt und können bei Nichteignung zum Herdengebrauchshund leicht an Liebhaber verkauft werden. Die befragten Schäfer haben hinsichtlich des Einsatzes der verschiedenen Rassen unterschiedliche Meinungen, die nicht selten Anlaß zu recht heftigen Streitereien geben. Eine Gruppe vertritt die Ansicht, daß der Deutsche Schäferhund im Vergleich zu dem Altdeutschen durch die Stehohren und das kurze Fell nicht widerstandsfähig genug ist und insgesamt eine schlechtere Kondition aufweist. Die andere Gruppe dagegen ist der Meinung, daß manche Schäfer den Altdeutschen beim Hüten nur deshalb bevorzugen, weil er billiger ist. Jeder Schäfer verlangt aber ohne Rücksicht auf die Rasse von einem Hütehund ein lebhaftes, jedoch nicht aufgeregtes und nervöses Wesen mit einem gut ausgeprägten Verteidigungstrieb. Besonders wichtig ist die natürliche Veranlagung zum Hüten. Ausbildung der Hütehunde Bevor ein Junghund in den einzelnen Hüteleistungen ausgebildet wird, müssen ihm unbedingt Gehorsamsübungen wie „Sitz!“ „Platz!“ usw. beigebracht werden. Die eigentliche Abrichtung beginnt zwischen dem 9. und 12. Lebensmonat und dauert ungefähr 12 bis 24 Monate. In der Regel bilden die Schäfer ihre Hunde selbst aus. 3
Quellen:
- Enzyklopädie der Rassehunde, Band 1, 1980, Hans Räber ↩︎
- Kynegetikos: Bodenständige Hütehunde; Rundschau für Jagd und Hundesport. Bd. 17, Nr. 4/5, Mai 1939 ↩︎
- „Aktuelle Arbeiten zur artgemäßen Tierhaltung 1979“ Bericht über die Tagung ’Artgerechte Handhabung von Nutztieren’ der Deutschen Veterinärmedizinischen Gesellschaft e.V. Fachgruppe Verhaltensforschung vom 1. – 3. November 1979 im Tierhygienischen Institut Freiburg ↩︎
- Das Lexikon der Hundefreunde, Heinrich Zimmermann.
- Hütespitz Foto: Das Lexikon der Hundefreunde, 1934, Heinrich Zimmermann (1888-1942)
Weiterführende Literatur zum Thema
- Hütespitz aus „Das Lexikon der Hundefreunde“ 1934
- Wolfgang Luther: Beobachtungen über angeborene Verhaltensweisen bei einem pommerschen Hütehund. In: Zeitschrift für Tierpsychologie. Bd. 8, Heft 3, 1951
- W. Wieland: Die Hütehundschläge Pommerns – Der Hund. Bd. 1, 1926
- Aga Gräfin vom Hagen: Die Hunderassen. Ein Handbuch für Hundeliebhaber und Züchter. Akademische Verlagsgesellschaft Athenaion, Potsdam, 1935