Der Hausspitz nach Rudolf Löns (1913 & 1920)

Rudolf Löns schrieb verschiedene Hundebücher, wobei er sich am meisten den Jagd- und Gebrauchshunden widmete. Daneben findet man von ihm u. a. einen Leitfaden über die Zucht und Erziehung des jungen Hundes sowie über den Hundesport.

Auch er versuchte sich daran zu beschreiben, wie die Hunderassen zu seiner Zeit nach ihrer Funktion aufgeteilt werden könnten und klassifiziert den Spitz als eigenen Stamm von Haushunden.

Dabei blickt er teils über die europäischen Grenzen hinaus und erkennt, dass es einen Zusammenhang von ursprüngliche Hunderassen und Spitzartigen gibt und sich ihr Aussehen an ihre Umgebung angepasst hat. Jedoch bemisst er den Hausspitz als Leistungshund, wobei dieser nicht so gut wegkommt. Ebenso sind manche Detials äußerst fragwürdig, wie z. B. ob eine gebogene Rute oder gar Stehohren immer auf einen Spitz zurück zu führen sind.

Es folgen zwei Passagen über den Spitz aus verschiedenen Büchern mit unterschiedlicher Beschreibung seiner Rasse.

Der Hausspitz als Gebrauchshund

Die letzte Grundform des Haushundes und zwar diejenige die keine besondere Arbeit zur Grundlage hat, sondern nur die Lebensweise des Wächters, ist der Spitz.

Der Ausdruck seines Wesens ist Aufmerksamkeit, Lebhaftigkeit, Meldelust, Keckheit und Unzugänglichkeit. Außer Folgsamkeit und gutem Benehmen lernt er nicht leicht etwas, das nicht in seinen Kram paßt; er neigt zur Widerspenstigkeit, hat nur ein kurzes Gedächtnis und läßt sich durch jede Kleinigkeit ablenken. Von seinen Sinnen ist nur das Gehör fein entwickelt; darum hat er auch ein bewegliches Stehohr. Stehende Ohren verkünden bei allen Rassen Spitzblut und Spitzart. Der Spitz ist im Verhältnis zu seiner Größe weder ein starker, noch schneller, noch ausdauernder Hund; er ist flink und behend genug; aber mit den Angehörigen der Arbeitsschläge kann er sich keineswegs messen; im Wettbewerb mit diesen unterliegt er allemal. Außer den Stehohren ist seine Ringelrute sein auffälligstes Merkmal. Bei keinem unserer Arbeitsschläge sind Ringelruten erwünscht. Die Abneigung dagegen, die allgemein ist, läßt sich leicht dadurch erklären, daß die Ringelrute Beimischung von Spitzblut verrät, und so für alle tüchtigen Rassen als Kennzeichen weniger guter Abkunft ein Brandmal ist.

An dieser Stelle verdient auch eine andere in den betreffenden Berufskreisen allgemein verbreitete Ansicht Berücksichtigung, daß nämlich bei den Hirten- und Fleischerhunden die kurzschwänzig geborenen Schläge edler, das heißt besser sind, als die langschwänzigen derselben Art. Solche alte Anschauungen haben stets einen wahren Kern, wenn uns der Zusammenhang auch verschleiert ist. Jedenfalls habe ich gefunden, daß die geborenen Kurzschwänze unter den Hirtenhunden ihrem guten Ruf Ehre zu machen pflegen.

holzschnitt und Druck eines dunklen Großspitz schwarz-weiß

Der Hausspitz.

Der Hausspitz ist die verbreitetste Hunderasse aller Welt, er begleitet den Menschen vom kalten Norden bis in die glutheißen Tropen. Trotzdem sich sein Fell vom dichten, langen Pelz bis zur nackten Haut abwandelt, bleibt er doch immer Spitz in Form und Wesen. Sein Blut führen so ziemlich alle kleineren und mittleren Haushundrassen, alle Liebhaberschläge, alle Schoßhunde und die meisten Ausländer, an allen Pinschern, Pudeln, Terriern ist er Hauptbeteiligter, auch, wenn seine Form nicht zur Geltung kommt; drin steckt der Spitz stets. Damit wären die Grundformen der Rassen genannt. Wer sich mit ihnen vertraut gemacht hat, braucht nur noch die hauptsächliche Artmischung der heutigen Rassen zu kennen, um sichere Schlüsse auf ihr Wesen und ihre Brauchbarkeit ziehen zu können, soweit es sich um einheimische Arten handelt.

Bei fremder Abstammung muß man stets mit der Tatsache rechnen, daß es nirgends auf der Welt so gute, verständige und willige Hunde gibt, als in den germanischen Ländern, deren Mittelpunkt in Nordwest-Deutschland liegen wird. Fremde Rassen pflegen unlenksam zu sein und keine Neigung und Fähigkeit zu haben, sich ungewohnter Arbeit zu fügen. Fremdes Blut, schlechtes Blut, gilt auch für den Hund. 1


Der Spitz im Hundesport (1913)

Rudolf Löns schreibt in diesem Werk, der Spitz sei nie eine Sportrasse gewesen, wobei zu erwähnen ist, dass sich der Hundesport zu dieser Zeit überwiegend mit den Elementen der Jagd beschäftigte. So ist seine Auffassung hier nicht verwunderlich. Nachfolgend beschreibt er den Spitz denoch sehr wertschätzend:

Der Spitz.

Unser deutscher Spitz ist die einzige vollständig reine Urform des kurzen gedrungenen Haushundes, die uns geblieben ist.

Seine Gestalt ist so scharf geschnitten, sein Wesen so eigenartig umgrenzt, daß seine Reinerhaltung in der ursprünglichen Form leicht verständlich ist. Seine Haltung als Hauswächter, als beliebtester Fuhrmannshund steht vollständig mit seinem Werdegang, seiner Form und seinem Wesen in Einklang. Unser Spitz ist so gewissermaßen ein reines Naturprodukt; die Sportzucht hat ihm weder Vorzüge geben, ihn weder verbessern, noch nachteilig beeinflussen können.

Der Spitz ist nie eine Sportrasse gewesen, nur seine Zwergform spielt in England eine große, bei uns eine leidliche Rolle, er wird auch nie eine sein. Züchterisch- schöpferisches Interesse bietet er als völlig fertige Rasse so gut wie nichts, die Erzielung eines mächtigen Pelzes ist dazu die einzige Möglichkeit, als Wachhund und Begleithund ist er ebenfalls vollkommen, eine weitere Betätigung kommt für ihn nicht in Frage.

Foto: Wolfspitz Sieger Fritz von Harz, Besitzerin J. G. van der Bloom, Haag, Niederlande

Darum ist es auch gar nicht verwunderlich, daß seine schönste und stattlichste Abart, der Wolfspitz, sportlich die geringste Rolle spielt, er ist ganz Bauern- und Fuhrmannshund, während die kleineren weißen und schwarzen Hausspitze öfter mal ganz hübsche Gruppen stellen, immer aber von den Zwergspitzen übertrumpft werden. Im Rheinland und in Westfalen findet man in manchem Dorfe oder in einer Bauernschaft mehr erstklassige Wolfspitze, als in einem Jahre auf Ausstellungen zusammenkommen. Solch ein Hund kann gar kein Sportobjekt sein, das schwer erkämpft, in schwerer, langwieriger Arbeit errungen sein will.

Foto: Schwarzer Spitz, Sieger 1911, Titze 561.  Besitzer R. Teutschbein, Delitzsch.

Das ist meiner Ansicht nach der Grund, warum trotz lebhafter Spezialklubarbeit der Spitz auf unseren Ausstellungen gar nicht voran will, trotzdem er ungemein verbreitet als Haushund ist. Dazu eignet er sich ja hervorragend und wie keine zweite Rasse; etwas Unbestechlicheres als einen Spitz gibt es auf der ganzen Welt nicht; in seinem Beruf ist er unübertrefflich. Aber als völlig selbständiger Hund hat er wenig Neigung zu anderen ihm nicht liegenden Arbeiten und läßt sich auch nicht gerne etwas in seinen Kram hineinreden; er kennt seine Pflicht, die genügt ihm und füllt ihn aus.

Die Sportzucht betont die wesentlichen Punkte, die Kürze, die kecke Haltung, den langen Hals, die gewölbte Stirn, kleine kurzbehaarte Stehohren, die Ringelrute, die flotte Bewegung und vor allem das reiche, dichte, harte und abstehende Haar mit vollentwickelter, aber nicht sichtbarer Unterwolle.

Vor einigen Jahren hat der Zuchtklub alle Größenund Farbenbestimmungen gestrichen, so daß jetzt auch Zwischenformen und -farben anerkannt werden. Den Züchtern aller Rassen sei der Spitz, als das Muster der ausgeprägten gedrungenen Haushundform in schönster Vollendung, zum genauen Studium empfohlen. Der Zuchtklub der Rasse ist der Verein für deutsche Spitze, Sitz Frankfurt am Main. 2


Quellenangaben

    1. Die Erziehung des jungen Hundes im ersten Lebensjahre als Grundlage, Rudolf Löns, 1920 ↩︎
    2. Hundesport und Hundezucht ein ausführlicher Leitfaden für Anfänger und junge Züchter, Löns Rudolf, 1913 ↩︎