Fitzinger schuf mehrere Werke u. a. auch über Hunderassen. Sein Wissen entnahm er seinen Studien bekannter Autoren wie Ludwig Reichenbach, Comte de Buffon oder Eberhard August Wilhelm von Zimmermann.
Eines seiner bekanntesten Werke ist „Der Hund und seine Racen„ in welchem eine Vielzahl an „Spitz-Arten“ neben dem Pommer und dem eigentlichen Spitz auftauchen. Zu dieser Zeit versuchte man sämtliche Rassen und Unterarten irgendwie zu klassifizieren, wodurch auch eine Reihe eigentümlicher, lateinischer Bezeichnungen entstanden. Außerdem muss hinzugefügt werden, dass es damals nicht bekannt war, dass Hund und Fuchs keine Nachkommen zeugen können, man davon jedoch überzeugt war.
Sämtliche Spitze aus seinem Werk:
- Der Saubeller (Canis domesticus, pomeranus aprinus)
- Der Fuchs-Spitz (Canis domesticus, pomeranus alopecurus)
- Der Heiden-Spitz (Canis domesticus, Zingarorum audax)
- Der Zigeuner-Spitz (Canis domesticus, Zingarorum pomeranus)
- Der Doggen-Spitz (Canis domesticus, Zingarorum laniarius)
- Der Dachs-Spitz (Canis domesticus, Zingarorum vertagus)
- Der Windhund-Spitz (Canis domesticus, Zingarorum leporarius)
Der Pommer
(Canis domesticus, pomeranus).
Der Pommer ist unzweifelhaft eine reine, unvermischte klimatische Abänderung des Haushundes (Canis domesticus), welche auf geographischer Verbreitung beruht, dem östlichen Theile von Mittel-Europa an gehört und hauptsächlich über Polen und Rußland verbreitet ist.
Er ist von mittlerer Größe, doch immer etwas kleiner als der Hirten-Haushund und meistens nur von der Größe des Fuchses, aber dabei von kräftiger Gestalt. Die Unterscheidungszeichen, welche ihn vom Hirten-Haushunde trennen, sind der kürzere und höhere Kopf, die völlig flache Stirne, die kürzere und spitzere Schnauze, die kürzeren und auch etwas schmäleren und spietzeren, steifen, vollkommen aufrecht stehenden Ohren, der kürzere und dickere Hals, der gedrungenere und vollere, in den Weichen nur sehr schwach eingezogene Leib, der vollkommen gerade Rücken, der durch seine reichliche Behaarung länger und dicker erscheinende Schwanz, welcher beinahe beständig links über den Rücken nach aufwärts gekrümmt getragen wird, und die viel längere, glatt-zottige, weiche Behaarung des Körpers, welche nur im Gesichte, an den Ohren und den Füßen kurz und glatt anliegend, an der Kehle, dem Halse, der Brust, dem Bauche, der Hinterseite der Oberarme und der Schenkel, insbesondere aber am Schwanze am längsten ist, und demselben ein buschiges Aussehen verleiht.
Die Färbung ist in der Regel einfarbig weiß, gelblichweiß, fahlgelblich oder isabellfarben, nicht selten aber auch grau, schwarzbraun oder schwarz, minder häufig dagegen röthlichbraun, und sehr oft kommen bei den dunkelfärbigen Abänderungen weiße Abzeichen an verschiedenen Körperstellen, vorzüglich aber an der Kehle, dem Vorderhalse, der Brust, dem Bauche, an den Füßen und der Schwanzspitze vor. Dieser Hund ist der „Chien-loup“ der Franzosen, der „Can Lupo“ der Italiener und der „Pomerian Dog“ der Engländer.
Der Pommer eignet sich ebenso sehr zum Bewachen und Zusammenhalten der Schafheerden, als zum Hüter und Beschützer des Hauses, wo man ihn gewöhnlich an der Kette zu halten pflegt.
Der Spitz
(Canis domesticus, pomeranus audax).
Dieser Hund stellt unverkennbar eine reine unvermischte Form und zwar eine Abänderung des Pommers (Canis domesticus, pomeranus) dar, die lediglich durch Zucht und veränderte Lebensweise hervorgerufen wurde. In allen seinen Merkmalen ist er demselben vollkommen gleich und bietet keinen anderen Unterschied dar, als daß er beträchtlich kleiner, und gewöhnlich nur von der Größe des König Carl’s-Hundes (Canis extrarius, hispanicus brevipilis)* ist.
Ebenso stimmt er auch bezüglich der Färbung mit dem Pommer völlig überein und wird so wie dieser, meistens einfarbig weiß, Isabellgelb oder fahl, bisweilen aber auch schwarz, schwarzbraun oder grau, minder häufig jedoch von brauner Farbe angetroffen. Nicht selten kommen auch weiße Abzeichen bei ihm und zwar an verschiedenen Körpertheilen vor. Noch vor nicht ganz vierzig Jahren gehörte der Spitz zu einer der häufigsten Racen in Mittel-Europa, während er dermalen daselbst schon ziemlich selten geworden ist und es scheint fast, daß er zu denjenigen Hundeformen gehöre, die allmählig ihrem Verschwinden entgegen gehen.
*heute als King Charles Spaniel bekannt
Über den Autor:
Dr. Leopold Joseph Franz Johann Fitzinger (1802-1884)
Fitzinger war ein österreichischer Zoologe, der von Kindesbeinen an sich für die Natur und besonders für die Pflanzenkunde interessierte. Mit 14 Jahren wurde er zunächst Lehrling eines Apothekers und begann zusätzlich sein Studium der Botanik an der Universität Wien bei Nikolaus Joseph von Jacquin. Dies brach er 1817 ab, um sich mit 15 Jahren – zunächst als „freiwilliger Praktikant“ – am Wiener Naturhistorischen Museum unter der Leitung von Jacquins Schwager Karl Franz Anton von Schreibers der verwaisten Reptilien- und Fischsammlung anzunehmen. Weil keine Festanstellung in der „kaiserlich-königlichen Zoologischen Hof Cabinete“ absehbar war, nahm Fitzinger 1821 eine Stelle als Sekretär bei den Landständen von Niederösterreich an, wurde hiervon aber zeitweise freigestellt, um die Museumssammlung weiter zu betreuen. Erst 1844 wurde Fitzinger zum Leiter der Reptilien- und Säugetiersammlungen berufen. 1861 trat er in den Ruhestand, wurde aber 1863 Direktor des damals neu zu errichtenden Zoos im Englischen Garten München. Auch in Budapest richtete er einen neuen Zoo ein, trat aber bei dessen Eröffnung von der Leitung zurück. In den darauf folgenden Jahren widmete er sich der Niederschrift und erhielt den Titel „Wirkliches Mitglied der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften“ inne. Er zog 1873 nach Hietzing, wo er 1884 starb. Zudem hatte er den Titel: Ritter des kaiserlich österreichischen Franz-Joseph- und königlich preussischen Kronen-Ordens 3. Klasse.
Quellen:
Der Hund und seine Racen. Naturgeschichte des zahmen Hundes, seiner Formen, Racen und Kreuzungen. (1876) Laupp, Tübingen, Dr. Leopold Fitzinger
Der Text über den Pommer erschien ebenso in leicht veränderter Form in:
Die Raçen des zahmen Hundes. Wien (1867), Dr. Leopold Fitzinger; Aus der Kais.-Königl. Hof- und Staatsdruckerei Wien in Commission bei Karl Gerolds Sohn, Buchhändler der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften